Dem ehemaligen FPÖ-Boss und Ex-Bundeskanzler Österreichs, Heinz-Christian Strache, droht eine Haftstrafe, möglicherweise sogar von fünf bis zehn Jahren. Und das nicht nur wegen der Causa Casino, mit der sich bereits seit Monaten ein eigens eingerichteter Untersuchungsausschuss herumschlägt, sondern auch wegen einer anhängigen Spesenaffäre. Dabei geht es um einen Schaden von rund 600.000,- Euro, den Strache seiner früheren Partei zugefügt hat, indem er Privatausgaben mit Parteigeldern finanzierte. Diese Anschuldigungen weist der Ex-Bundeskanzler vehement zurück und betont, dass er jeden Cent an die FPÖ zurückgezahlt habe, den die Partei für seine „privaten Aufwendungen“ auslegte.

Putzfrau und Hundefutter mit Parteigeldern finanziert

fpoe strache iboza casinos austriaDie Aussage Heinz-Christian Straches steht nun allerdings im Widerspruch zu der Vernehmung seiner ehemaligen Büroleiterin. Schon im September vergangenen Jahres hatte sie vor der Staatsanwaltschaft bestätigt, dass die Vorwürfe berechtigt sind. Das Protokoll dieses Verhörs liegt mittlerweile einer großen österreichischen Tageszeitung vor. Ihre Angaben lassen keine Zweifel offen. Zwischenzeitlich hätten ihr drei verschiedene Stellen zur Verfügung gestanden, über die sie die Ausgaben des Parteichefs abrechnen konnte. Neben unterschiedlichen „Anlaufstellen in der Parlamentsfraktion“ sowie der Bundesgeschäftsstelle gab es außerdem noch die Handkasse der Landesgruppe Wien. Ihre Aufgabe war es, „... die auflaufenden Rechnungen, die im Zusammenhang mit den politischen Aktivitäten Straches aufliefen, nach den zuständigen Stellen aufzuteilen“.  Manchmal bekam sie auch Rechnungen zurück, beispielsweise: "Wenn private Rechnungen, die mit der politischen Tätigkeit des Herrn Strache nichts zu tun hatten, etwa Rechnungen eines Skiverleihs im Winterurlaub und das Hotel, vorgelegt wurden." In solchen Fällen hätte Strace dann immer von ihr gefordert, die jeweiligen Rechnungen „umzuwandeln“ – anstatt der eigentlichen Belege sollte sie dann Quittungen von Restaurants o.ä. vorlegen. Die langjährige Mitarbeiterin des FPÖ-Chefs nennt im Rahmen ihrer Vernehmung etliche Beispiele für solche „Umwandlungen“. Darunter finden sich auch Ausgaben für private Einkäufe, die Putzfrau oder Hundefutter. Darüber hinaus haben die Ermittler inzwischen Rechnungen sichergestellt für Strafzettel, Wartungsarbeiten des Pools, Einkäufe, Kinderbetreuung und Nachhilfe, Beschattungen sowie für Handyspiele. Insgesamt kommen durch diese Scheinbelege mehr als eine halbe Million Euro zusammen. Die österreichische Gesetzgebung sieht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren vor, sofern sich ein solcher Gesamtschaden auf mehr als 300.000,- beläuft.  

Aktuell nimmt der Ex-FPÖ-Boss einen zweiten politischen Anlauf. Mit seiner neuen Partei, dem Team HC Strache, bewirbt er sich in Wien um den Posten des Hauptstadt-Bürgermeisters. Sämtlichen Klagen und anhängigen Verfahren gegen ihn zum Trotz tritt er als Spitzenkandidat seiner Partei bei der Wahl in Wien an. Laut Umfragen sehen ihn Experten mittlerweile bei vier bis sechs Prozent.

Polit- und Wirtschaftsprominenz auf der Anklagebank

Die neueste Spesenaffäre ist natürlich nicht alles, was Heinz-Christian Strache zum Vorwurf gemacht wird. In Österreich jagt eine Affäre die andere und überall scheint der Ex-Bundeskanzler eine Rolle zu spielen – mal eine gewichtige, mal eine Nebenrolle. Das berühmte Ibiza-Video war nur der Stein, der alles ins Rollen brachte und hernach eine ganze Lawine auslöste.

Die Casino-Affäre nahm ihren „öffentlichen“ Anfang im März 2019 mit der Bestellung des neuen Casinos Austria Vorstands. Neben Bettina Glatz-Kremser und Martin Skopek wurde auch Peter Sidlo berufen. Für die Bestellung des Letzteren sollen der Novomatic von der FPÖ Änderungen im Glücksspielgesetz und neue Casino Lizenzen versprochen worden sein. Damit handelt es sich bei der ganzen Affäre nicht nur um Postenschacher, sondern eindeutig um Bestechung. Federführend bei der Lobbyarbeit für Sidlo, der als absolut ungeeignet für diesen Posten galt, soll Heinz-Christian Strache gewesen sein.

Weitere Beschuldigte in dieser Affäre sind neben Strache auch noch andere politische Schwergewichte, wie u.a. Johann Gudenus, Der Ex-FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs, Peter Sidlo, der Novomatic-Eigentümer Johann Graf sowie der Novomatic-Chef Harald Neumann. Außerdem baei sind Hartwig Löger, Walter Rothensteiner, Josef Pröll und Thomas Schmid, der frühere Kabinettschef von Löger. Da nun alle Beschuldigten die gegen sie erhobenen Vorwürfe energisch zurückweisen, gilt nach wie vor die Unschuldsbehauptung. 

Hintergrund der Casinos Affäre

Im Jahre 2011 beschloss die rot-grüne Stadtregierung Wiens, das kleine Glücksspiel, das den Betrieb von Spielautomaten bezeichnet, abzuschaffen. Verboten waren Spielautomaten in der österreichischen Hauptstadt dann ab 2015. Der Novomatic Konzern erlitt dadurch enorme Umsatzeinbußen, und ab 2019 forderte schließlich die Wiener Wirtschaftskammer und Freizeitbetriebe das kleine Glücksspiel zurück.

Am 28. März 2019 wurde Peter Sidlo vom Aufsichtsrat der Casinos Austria AG (CASAG) einstimmig als Finanzvorstand bestellt, obwohl es ihm laut Einschätzung des involvierten Personalberatung Egon Zehnder an Führungserfahrung gefehlt habe, und er noch nie größere Budgets und komplexe Geschäftsmodelle verantwortet habe. Im Bericht, der an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Walter Rothensteiner, adressiert war, wurde Sidlo insgesamt als nicht qualifiziert bezeichnet. Dieser Umbau des Vorstandes geschah vorzeitig, ursprünglich wäre eine Neubesetzung erst 2024 vorgesehen gewesen. Daher mussten die Verträge der vorzeitig ausgeschiedenen Mitglieder ausbezahlt werden.“ Den Recherchen einer großen österreichischen Tageszeitung zufolge soll es sich bei diesen Zahlungen um rund 7,5 Mio. Euro gehandelt haben, was die Casinos Austria jedoch dementiert.

Das im 2019 veröffentlichte Ibiza-Video, welches bereits 2017 aufgezeichnet worden war, enthält Hinweise auf mutmaßliche Verbindungen der Novomatic zu den beiden beteiligten FPÖ-Politikern. „Novomatic zahlt alle!“, hatte Strache in dem Video unter angeblichem Alkoholeinfluss behauptet.