Mit sofortiger Wirkung trat soeben Öbag-Chef Thomas Schmid von sämtlichen Aufsichtsrat-Posten zurück. Als Interimsvorstand wurde Christine Catasta bestellt, die derzeitige Direktorin der Öbag. Über eventuelle „Abschiedszahlungen“ sind derzeit noch keine Details bekannt. Den sprichwörtlichen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, stellten offensichtlich die vor kurzem veröffentlichten Chats des Ex-Öbag-Chefs dar. In einer am Dienstagmorgen ausgesandten Pressemitteilung informierte die Staatsholding: „Nach intensiven Beratungen innerhalb des Aufsichtsrats ist der Aufsichtsrat gemeinsam mit MMag. Thomas Schmid zu der Erkenntnis gekommen, dass die sofortige Beendigung der Vorstandstätigkeit von MMag. Schmid einen notwendigen Schritt für die Öbag darstellt.“

Mit sofortiger Wirkung legt Thomas Schmid sämtliche Posten nieder

Öbag Chef Thomas Schmid

Die vorübergehende Leitung der Öbag wird Direktorin Christine Catasta übernehmen. „Ich darf mich bedanken beim Aufsichtsrat und bei der ausgezeichneten inhaltlichen Arbeit von Thomas Schmid,“ würdigte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) das Engagement des scheidenden Öbag-Chefs, der nun „... auch von allen für die Öbag gehaltenen Aufsichtsratspositionen in Beteiligungsgesellschaften“ zurücktritt. Lange hatte der Aufsichtsrat an Thomas Schmid festgehalten, doch jetzt scheint Eile angesagt zu sein. Als mutmaßliche Begründung für diesen Schritt steht die Befürchtung im Raum, dass das Ansehen der Gesellschaft Schaden nehmen könnte, sofern weiter an Schmid festgehalten würde. Mit sofortiger Wirkung, aber einvernehmlich, soll Schmids Vertrag nun aufgelöst werden. Ausbezahlt würde dieser allerdings nicht, erklärte Helmut Kern im Mittagsjournal von Ö1. Der Aufsichtsratschef gab jedoch keine Auskünfte über mögliche “Abschiedszahlungen” und verwies hierbei auf Gründe der Vertraulichkeit. Bislang war der Aufsichtsrat stets sehr zufrieden mit Schmids Leistungen. Damit scheint nun Schluss zu sein. Bereits am vergangenen Wochenende kam es zu internen Verhandlungen, „... wie es nach Schmids Abgang weitergeht“. Dem umstrittenen Chef der Staatsholding, der sein Amt erst im Frühjahr 2019 übernommen hatte, wurden schon vor einem Jahr „... sogenannte Direktoren zur Seite gestellt, darunter Ex-Wirtschaftsprüferin Catasta“, die nun die Interimsführung übernimmt. Ungeklärt ist derzeit noch, wer Schmids Aufsichtsratsposten bei Tochterunternehmen der Öbag übernehmen wird, wie beispielsweise bei der OMV, der Are oder auch im Kontrollgremium des Verbunds. Fest steht bisher nur, dass Schmid sich auch von diesen Mandaten verabschiedet hat. So schnell werden diese Posten nicht neu zu besetzen sein.

„Eine zweite Bestellung à la Schmid, der an der Ausschreibung für den Leitungsjob selbst mitgearbeitet hatte und bei der Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder der neuen Öbag sehr sehr nah dran war, muss die Staatsholding jedenfalls vermeiden,“ rät die österreichische Tageszeitung „Der Standard“. Bei den Schmid-Chats, die kürzlich im Rahmen des Ibiza-U-Ausschusses veröffentlicht wurden, geht es vornehmlich um die damals neu gegründete Öbag und darum, dass er dort einen Job im Vorstand anstrebte. Zu dieser Zeit war er noch Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium. Diese Chats geben Auskunft über seine nahe Bindung zu Polit-Größen, wie beispielsweise zu Sebastian Kurz. Der Bundeskanzler schrieb Schmid: „Kriegst eh alles, was Du willst.“ Daraufhin antwortete Thomas Schmid: „Ich liebe meinen Kanzler.“ Auch Nachrichten von Finanzminister Blümel an Schmid tauchten in diesem Zusammenhang auf, wie u.a. „Schmid AG fertig“ oder auch „Du bist Familie“. Darüber hinaus enthielten die Chats abschätzende Äußerungen über den damaligen Boss des Finanzministeriums, Hartwig Löger (ÖVP).

Brachten Öbag-Chef Schmid seine Chats zu Fall?

Erst in der vergangenen Woche wurden neue Chats publik, die beim Öbag-Aufsichtsrat vermutlich für einen Stimmungswandel gesorgt haben. Darin übte Schmid heftige Kritik an den Öbag-Mitarbeitern und ging sogar noch weiter: „Und Betriebsrat. Weg damit. Und Öbib-Leute gleich mit." Darüber hinaus gab es Unterhaltungen mit seiner Assistentin, in denen er sich darüber beklagte, dass er inzwischen – nach Beendigung seines Jobs als hoher Beamter im Finanzministerium - gezwungen sei, ohne Diplomatenpass zu reisen. Er kommentierte diese Situation mit: „Oh Gott. Reisen wie der Pöbel." Nach Veröffentlichung dieser Chats kam es zu einem telefonischen Ansturm auf die Öbag-Zentrale, wovon auch der Aufsichtsrat in Kenntnis gesetzt wurde. Wenn es nach der FPÖ geht, dann handelt es sich bei Schmids Rücktritt nur um ein „Vorspiel“. Die Freiheitlichen fordern, dass Kanzler Kurz (ÖVP) und Finanzminister Blümel (ÖVP) ebenfalls ihren Hut nehmen.

Christian Hafenecker, der FPÖ-Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss, liefert die Begründung: „Schließlich sind diese beiden ÖVP-Politiker ja die Hauptverantwortlichen für den Umstand, dass die Republik Österreich zu einem korrupten Tollhaus mit ÖVP-Führungsetage umgebaut wurde." Darüber hinaus fordert er, dass die „einvernehmliche Trennung“ ganz transparent publik gemacht wird. Auch der stellvertretende Klub-Vorsitzende der SPÖ, Jörg Leichtfried, erklärt: „Der Rücktritt von Thomas Schmid vom Vorstand der Öbag war ein längst überfälliger, notwendiger Schritt. Seine von vorne bis hinten von Kanzler Kurz und Finanzminister Blümel ausgepackte Bestellung, die selbst gezimmerte Ausschreibung, seine unsäglichen Äußerungen zu Öbag-Mitarbeiter*innen, zum Betriebsrat und nicht zuletzt die Beschimpfungen der normalen Bevölkerung als 'Pöbel' haben Schmid an der Spitze der staatlichen Beteiligungsgesellschaft untragbar gemacht.“ Die NEOs schließen sich ebenfalls an und sehen in Schmids Rücktritt einen „längst überfälligen Schritt“, da Thomas Schmid

"einzig und allein aufgrund seiner türkisen Familie" Öbag-Chef“ wurde. Sepp Schnellhorn, der Wirtschaftssprecher der NEOs sagte: „Dass Schmid ohne Industrieerfahrung und ohne internationale Erfahrung überhaupt zum Alleinvorstand der Öbag wurde, liegt in der Verantwortung der Kurz-Blümel-ÖVP." betonte NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Von den Christ-Gewerkschaften wird ebenfalls Kritik laut. Sie sprechen in Verbindung mit Schmids Rücktritt von „einem logischen Schritt“.