Ein Sieg nach Punkten, könnte man sagen. Die Stadtverwaltung Bergisch Gladbach hat offensichtlich den Kampf gegen die zu hohe Anzahl von Spielhallen in der Innenstadt gewonnen. In der vergangenen Woche sollten am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster eigentlich drei Berufungsverfahren verhandelt werden. Doch soweit kam es erst gar nicht, denn zwei Spielhallenbetreiber gaben bereits im Vorfeld auf und zogen ihre Klagen zurück. Im dritten Fall verhielt es sich anders. Laut Dr. Gudrun Dahme, einer Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts Münster, hatte das OVG eine „Vorentscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts“ einfach umgedreht und somit das Recht auf Seiten der Stadtverwaltung von Bergisch Gladbach gesehen. Ob es tatsächlich bei dieser soeben erfolgten Münsteraner Rechtsprechung bleiben wird, ist allerdings unklar, da ein neuer Gesetzentwurf der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen vorliegt.

OVG gibt Stadt Bergisch Gladbach im Prozess gegen Spielhallenbetreiber Recht

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Dennoch musste eine ganze Reihe von Entscheidungen gefällt werden. Allein in der rund 111.000 Einwohner zählenden Kreisstadt im Bergischen Land sollten neun von den insgesamt 18 Spielhallen schließen. Doch viele der Verlierer zogen vor Gericht. Zuerst klagten sie vor dem Verwaltungsgericht und später dann vor dem Oberverwaltungsgericht. 2019 hatte das OVG in Münster in Zusammenhang mit gegen die Stadt Wuppertal vorliegenden Klagen einige Grundsätze entwickelt, die der juristischen Fachwelt zur Orientierung dienen sollten. Einer dieser Grundsätze beinhaltet beispielsweise, dass die Städte gezwungen sind, Entscheidungen zu fällen, anstatt alles einfach so weiterlaufen zu lassen und unter dem Schlagwort „Härtefall“ abzulegen. Was hingegen aus der Sicht der Betreiber besser ist, ist nicht entscheidend, wie u. a. der Bestandsschutz für eine Spielstätte, die bereits alteingesessen ist. Vielmehr ginge es um die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags und wie diese besser erreicht werden können. Dazu zählen laut Oberverwaltungsgericht der Kampf gegen die Glücksspielsucht, der Spieler- und Jugendschutz, eine Begrenzung und effektive Kanalisierung des Glücksspiel-Angebots, der Schutz vor Kriminalität und dass ein ordnungsgemäßes Spiel jederzeit sichergestellt werden kann. Für das Urteil, das soeben im Sinne der Stadtverwaltung Bergisch Gladbach gefällt wurde, gab es vorerst keine Begründung. Laut der Gerichtssprecherin Dr. Gudrun Dahme wird es die entsprechende Begründung ausschließlich schriftlich geben, da die Verhandlung per Videokonferenz durchgeführt wurde und von den Beteiligten niemand mehr bei der Urteilsverkündung dabei war.

Derzeit drängt sich vor allen Dingen eine ganz andere Frage auf: Wie lange wird die restriktive Regelung des Glücksspiels noch Bestand haben, die vor rund zehn Jahren begonnen wurde? Im vergangenen Jahr wurde ein neuer Glücksspielstaatsvertrag von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der einzelnen Bundesländer unterzeichnet, der am 1. Juli 2024 in Kraft treten soll. Von den Länderparlamenten wurde er ebenfalls ratifiziert. Allerdings muss der Landtag in Nordrhein-Westfalen noch einem Ausführungsgesetz zustimmen. Laut NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sieht der derzeitige Entwurf der Landesregierung vor, „... den vor zehn Jahren erhöhten Mindestabstand von 350 Metern wieder aufzuweichen.“ Wenn es nach Herbert Reul geht, dann sollen „... diejenigen Spielhallen, die besondere qualitative Anforderungen erfüllen und zertifiziert worden sind, zueinander einen geringeren Abstand von 100 Metern einhalten müssen.“

Viele Spielhallenbetreiber in Bergisch Gladbach haben das Nachsehen

Am 30. November 2017 endete eine fünfjährige Übergangsfrist, die für verschiedene Regelungen des ersten Glücksspielstaatsänderungsvertrages aus dem Jahre 2012 Gültigkeit besaß. In Bergisch Gladbach existierten an diesem Stichtag insgesamt 18 Spielhallen, von denen sich die meisten Betriebe in der Stadtmitte befanden. Laut neuem Gesetz war die Erteilung einer sogenannten Mehrfachkonzession nicht mehr möglich. Dies hieß im Klartext, dass „... nur noch eine Spielhallenerlaubnis pro Gebäude oder Gebäudekomplex erteilt“ werden durfte. Auch der Mindestabstand mit einer Luftlinie von 350 Metern zwischen den einzelnen Spielhallen war darin festgelegt worden – ebenso wie ein Verbot für Spielstätten in „...räumlicher Umgebung von Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.“ Die städtischen Ordnungsbehörden waren angehalten, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und der Hälfte der Spielhallen die Erlaubnis zu entziehen. Der damalige Fachbereichsleiter Peter Widdenhöfer erklärte das Verfahren so: „Wir haben nicht gewürfelt oder gelost, sondern nachvollziehbare Kriterien zur Auswahl der zu schließenden Betriebe herangezogen“, und führte weiter aus: „So spielten ganz besonders die Bestandsdauer eine Rolle. Wer zuerst da war, hatte die besseren Chancen.“ In die Abwägung wurde auch der ordnungsgemäße Betrieb mit einbezogen. Laut Widdenhöfer versprach sich die Stadt eine höhere Rechtssicherheit durch die „Transparenz der Untersagungsgründe“. Widdenhöfer resümierte allerdings: „Wir gehen davon aus, dass die überwiegende Zahl der Unternehmer trotzdem klagen wird.“

Nun waren drei Berufungsverfahren vor dem OVG angesetzt, von denen zum Schluss nur noch eins übrig blieb. Dies wurde letztendlich zugunsten der Stadt Bergisch Gladbach entschieden. Bisher gab es von Seiten der Stadtverwaltung noch keine Stellungnahme zum Urteil. Auch blieb bislang die Frage unbeantwortet, wie es nach dem 30. 2024 mit den befristeten Erlaubnissen der noch existierenden Spielhallen weitergeht. Die Spielhallen-Szene war aufgrund der ersten Neufassung des Glücksspielstaatsvertrages zu Anfang des letzten Jahrzehnts ziemlich in Aufruhr geraten. Viele Kommunen, Städte und Gemeinden waren gezwungen zu handeln und mussten Spielstätten schließen, bei denen der Mindestabstand voneinander unter 350 Metern lag. Allerdings gab es reichlich Probleme mit den entsprechenden Auswahlkriterien. Unklar war und ist, wer bleibt und wer gehen muss. Sollte man den alteingesessenen Spielhallen den Vorzug geben, weil sie über die älteren rechte verfügten? Oder sollte man gerade diese schließen, weil sie ja bereits genug verdient hätten?