Der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGh) ist mal wieder mit dem Ibiza-U-Ausschuss beschäftigt. Diesmal geht es um E-Mails. Insgesamt wurden vom Bundeskanzleramt 692 davon an den VfGh übermittelt. Mitarbeiter haben nun angegeben, dass sie darunter keine E-Mails gefunden hätten, die relevant für den Untersuchungsausschuss wären. Soeben haben die Beratungen zu diversen Anträgen bezüglich Aktenlieferungen begonnen, die von den Oppositionsparteien beim Verfassungsgerichtshof eingereicht wurden. Primär geht es dabei um „fehlende E-Mails aus dem Bundeskanzleramt“. Die Opposition bemängelt, dass bisher kein einziges Schriftstück an den Ibiza-Untersuchungsausschuss weitergeleitet wurde und wundert sich, dass die Existenz von „auch nur abstrakt relevanten E-Mails“ verneint wurde, bei denen es um ein sogenanntes Beteiligungsmanagement des Bundes oder um das Glücksspiel geht.

Beratungen zur Chat-Affäre haben vor dem Verfassungsgerichtshof begonnen

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Dies macht jedenfalls das Bundeskanzleramt in einer Stellungnahme deutlich und legte dem VfGh exakt 692 E-Mails von Mitarbeitern vor, aus denen „keine relevanten Unterlagen“ hervorgehen. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte gerade noch einmal klar, an den Untersuchungsausschuss alles übermittelt zu haben, was relevant sei. „Was es niemals gegeben hat, und auch alles, was vernichtet worden ist, das kann selbstverständlich nicht geliefert werden", fügte Sebastian Kurz hinzu. Dass so viele Mitarbeiter in die Sache involviert waren stößt auch intern auf Kritik, die jedoch nicht öffentlich geäußert wird. Sofern es Unterlagen gab, die nicht weitergereicht wurden, droht selbst einfachen Angestellten eine Klage wegen Beweismittelunterdrückung. Sollten entsprechende Hinweise darauf beim Verfassungsgerichtshof landen, wären diese „anzeigepflichtig“, und die Staatsanwaltschaft könnte theoretisch das Bundeskanzleramt auf den Kopf stellen. Dummerweise haben die Oppositionsparteien ein wenig das Vertrauen in das Kanzleramt verloren, wozu sicherlich auch die sogenannte „Schredder-Affäre“ der ÖVP beigetragen hat.

Im Sommer 2017 wurden Festplatten von einem Mitarbeiter vernichtet, der hierbei einen falschen Namen angegeben hatte. Bis heute ist Herkunft dieser Festplatten für die Neos und die SPÖ größtenteils unerklärlich. Gegen einige enge Kurz-Mitarbeiter hat die Wiener Staatsanwaltschaft dazu nun ein Verfahren eingeleitet. Für alle gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Darüber hinaus herrscht derzeit ein Kampf um SMS und andere Nachrichten aus dem Kanzler-Handy. Dem Verfassungsgerichtshof wurde hierzu vom Kanzleramt eine Stellungnahme übermittelt, in der es heißt: „Auf dem Mobiltelefon des Bundeskanzlers sind keine Nachrichten im Sinne des Antrags aus dem Untersuchungszeitraum vorhanden. Auch nach dem Untersuchungszeitraum wurden und werden die Nachrichten regelmäßig gelöscht." In dieser Stellungnahme heißt es außerdem, dass dieser Antrag von der Opposition „überschießend“ sei.

Chat-Affäre macht auch vor dem Finanzministerium nicht Halt

Nun muss sich der Verfassungsgerichtshof nicht nur mit den E-Mails aus dem Bundeskanzleramt herumschlagen, sondern on top auch noch mit denen des Finanzministeriums. Allerdings kam nach der Aufforderung, Nachrichten und E-Mails zu übermitteln, bisher keine Reaktion. Finanzminister Gernot Blümel verteidigte das „Schweigen“ seines Ministeriums vor dem U-Ausschuss und sagte: „Wir bemühen uns sehr, dem Ersuchen im Finanzministerium auch möglichst vollinhaltlich nachzukommen, doch es gibt rechtlich zu klärende Fragen, was den Umfang und die teilweise darin umfassten Daten betrifft. Hier gibt es teilweise höchstpersönliche Daten, personenbezogene Daten, gesundheitsrelevante Daten, die teilweise mit dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun haben." Die Übermittlung würde noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen, da dies alles zunächst noch geprüft werden müsste. In den nächsten Tagen steht eine weitere Aktenlieferung an den Ibiza-U-Ausschuss bevor, die hiervon allerdings unabhängig ist.

Für die Akten-Übermittlung aus der Justiz ist die Wiener Oberstaatsanwaltschaft (OStA) verantwortlich. Ärgerlich ist nur, dass der OStA-Leiter, Johann Fuchs, unter Verdacht steht, vor dem Untersuchungsausschuss eine Falschaussage getätigt zu haben. Aber auch hier gilt die Unschuldsvermutung. Aktuell liegt die Begutachtung der übermittelten Akten nicht mehr in der Zuständigkeit von Johann Fuchs. Beim Obersten Gerichtshof wurde darüber hinaus eine Disziplinaranzeige gegen ihn eingebracht. Allerdings wurde diese wieder unterbrochen wegen eines Verweises auf das Strafverfahren, das parallel gegen ihn läuft. Vor einer „disziplinarrechtlichen Beurteilung“ soll zunächst einmal der Ausgang dieses Verfahrens abgewartet werden. Johann Fuchs ist auf jeden Fall vorerst nicht mehr für die Fachaufsicht über die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) zuständig.

Auch die Schlagzeilen um Gernot Blümel, den Finanzminister Österreichs, nehmen kein Ende. Im Februar hatte er noch eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen und nun musste er sich erneut vor dem U-Ausschuss befragen lassen. Im Anschluss wehrte er sich gegenüber Medienvertretern „gegen die Vorwürfe des Postenschachers und der infantilen Sprache“. Abgesehen davon würden im Ibiza-U-Ausschuss Nachrichten und E-Mails in seinen Augen „aus dem Zusammenhang gerissen“. Blümel vertritt die Auffassung, dass es so manchem Abgeordneten offensichtlich „vor allem um Skandalisierung und mediale Vorverurteilung“ gehe. Dies wäre sicherlich auch der Grund, weshalb „... der Verfahrensrichter einen Großteil der Fragen nicht zugelassen“ hätte. Auch bei seiner mittlerweile zweiten Befragung vor dem U-Ausschuss scheint sich Blümels Grundhaltung hinsichtlich der Chat-Affäre sowie seinem Status als Beschuldigter nicht geändert zu haben. Er sagte: „Warum soll ich denn keine Emojis schicken? Mit Personen, die ich lange gut kenne, wird sich meine Art der Kommunikation nicht ändern,“ und er fügte noch hinzu: „Nochmals – mit Personen, die ich lange und gut kenne, kann in persönlichen Nachrichten auch mal salopp formuliert werden.“

Ungewiss scheint nach wie vor, inwieweit Blümels Handlungen ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen. Laut Presseberichten scheiterte soeben erst ein Misstrauensantrag der Opposition.