Nun scheinen sie alle zu ermitteln. Wie ein Steppenbrand zieht es sich durch die deutsche Rechtslandschaft. Immer mehr Staatsanwaltschaften haben Anbieter von Online Glücksspielen im Visier und werfen ihnen Illegalität vor. Fast scheint es so, dass vor dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages noch einmal alle juristischen Register gezogen werden und man nach Jahren der Duldung entdeckt, dass man eventuell etwas versäumt hat. Auf den letzten Drücker werden sich quasi juristische Sporen verdient. Nach dem erst vor kurzem das Landgericht Freiburg und auch andere erfolgreich gegen Glücksspielanbieter ins Feld gezogen sind, vermeldet nun auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt, dass man Klagen gegen mehrere Anbieter von Online Glücksspielanbietern wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels eingereicht hat. Darunter auch Tipico, einer der größten Anbieter von Sportwetten und Casino Spielen und als Sponsor des FC Bayern München bekannt.

Von Duldung keine Spur

Gesetz Glücksspiel Online SpielbankMan kann einfach nur noch staunen. Erst vor kurzem hatten sich die Bundesländer auf eine Duldung von Online Casinos geeinigt, sofern sie die Lizenzauflagen des neuen Staatsvertrages schon jetzt erfüllen. Und nun hagelt es eine Klage nach der anderen. Tipicio wird neben anderen Anbietern vorgeworfen illegales Glücksspiel zu betreiben, da sie über keine legale Lizenz in Luxemburg verfügen. Online Glücksspiel ist zwar offiziell in der BRD verboten – bis auf das Land Schleswig-Holstein, das schon vor geraumer Zeit eigene Lizenzen vergeben hatte – aber die Anbieter beriefen sich immer wieder, auch vor deutschen Gerichten, auf europäisches Recht, da sie über Lizenzen aus Malta oder anderen europäischen Ländern verfügten. Gleichzeitig ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen zwei Banken und ein Kreditunternehmen wegen des „... Verdachts der Beihilfe zur unerlaubten Veranstaltung von Glücksspiel“. Namen von Unternehmen nennt sie allerdings nicht. Aber laut Informationen der Süddeutschen Zeitung und des NDR soll es wie beschrieben um Tipico und die Firma Lottoland gehen. Die Staatsanwaltschaft sieht sich an keine Duldung gebunden. „Als Staatsanwaltschaft sind wir an Recht und Gesetz gebunden", erklärt Oberstaatsanwalt Noah Krüger kategorisch. Und eine Duldung hätte nun mal keine strafrechtliche Relevanz. Weiter führt er aus: „Die Normen des Strafgesetzbuches und des Glücksspielstaatsvertrages können als höherrangiges Recht nicht durch eine Verwaltungsvereinbarung außer Kraft gesetzt werden. Glücksspielanbieter haben so lange mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen, bis sie eine Genehmigung innehaben." Eine Duldung könne sich lediglich "auf die Ahndung und Verfolgung im Verwaltungsverfahren beziehen", - also in den Verfahren der Aufsichtsbehörden – so der Oberstaatsanwalt. Daran sind die Staatsanwaltschaften aber nicht gebunden und im Ergebnis sieht es so aus, dass „... Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt unverändert fortschreiten" und gegebenenfalls auch auf die Akteure ausgeweitet werden, "die angesichts der Duldung ohne Genehmigung den Markt betreten". Damit geraten dann auch plötzlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Glücksspielaufsichtsbehörden unter Druck und müssen befürchten, von Staatsanwaltschaften mit Klagen überzogen zu werden. „Wenn die Mitarbeiter lediglich passiv dulden, das heißt nicht gegen das Glücksspiel einschreiten, dann liegt das im Rahmen ihres verwaltungsrechtlichen Ermessens und ist strafrechtlich unproblematisch" so der Oberstaatsanwalt. Anders stelle sich  eine "aktiven Duldung" dar, wenn nämlich den Anbietern etwa aktiv kommuniziert würde, dass sie nun ohne Lizenz Glücksspiele anbieten können, könnte das strafbar sein, etwa als Anstiftung oder Beihilfe. Bei einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schrillen deswegen schon die Alarmglocken, und sie befürchten sich strafbar zu machen, falls sie die Anbieter nicht mit aller Konsequenz verfolgen, sondern dulden, wie es die Vereinbarung der Länder vorsieht. Das Land Bremen will seine Angestellten mit einer Dienstanweisung aus der Verantwortung nehmen und so vor einer Strafverfolgung schützen.

Auch Lottoland betroffen

Neben Tipico ist auch der Lotterieanbieter Lottoland von einer Strafverfolgung betroffen. Lottoland ist ein Anbieter sogenannter Zweitlotterien, d.h. sie bieten Wetten auf verschiedenen Lotterien an. Dabei werden aber die Einsätze der Spielerinnen und Spieler nicht an die Lottogesellschaften weitergeleitet, sondern verbleiben bei Lottoland. Bei einem möglichen Gewinn zahlt der Anbieter die Gewinne selbst aus. Solch ein Angebot ist in Luxemburg bisher verboten. Lottoland hat den zuständigen Behörden den Vorschlag unterbreitet dieses Angebot einzustellen, wenn man im Gegenzug dafür eine Lizenz als Vermittlungspartner für diese Lotterie erhält. Ein Vorhaben, das bisher umstritten ist. Alle betroffenen Anbieter weisen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Frankfurt zurück. So erklärte Tipico: „Das Online-Casino-Angebot von Tipico ist legal". Strafrechtliche Ermittlungen "laufen daher ins Leere". Auch Lottoland teilte mit, dass sein Angebot legal sei. Eine Sprecherin erklärte, dass man das „Casino- und Automatenspielangebot umgestellt (habe), sodass es der am 15. Oktober in Kraft getretenen Übergangsregulierung entspricht". Die vereinbarte Duldung ist inzwischen zu einem Politikum geworden und beschäftigt den Deutschen Bundestag. Der Abgeordnete der Fraktion Die Linke, Fabio de Masi, hat den Wissenschaftlichen Dienst um eine Einschätzung gebeten. Dieser führte aus, bei der Duldung handelt es sich „nicht um ein verbindliches Verwaltungsabkommen", sondern "um eine unverbindliche Kooperations-Absprache". So unterliegt die Entscheidung "welche Art von Glücksspiel grundsätzlich erlaubnisfähig ist und welche Art grundsätzlich zu unterbinden ist, dem parlamentarischen Gesetzgeber". Der Parlamentarier de Masi erklärt dazu: „Die Länder wollen vor einem Beschluss des Parlaments den Vollzug bestehender Gesetze aussetzen. Das ist ein fatales Signal und unterhöhlt die Rechtstreue."